NEUANFANG MIT 40 WAGEN
- Christian Eulerich

- 24. Sept.
- 11 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 18. Okt.
Neu anzufangen bedeutet nicht, das Vergangene auszulöschen. Es heißt vielmehr, das Erlebte zu integrieren – mit allem, was wir gelernt, erkannt und auch verfehlt haben. Jeder Neuanfang trägt Spuren unserer Geschichte, und gerade darin liegt seine Kraft.
Bevor ich beginne, möchte ich Ihnen kurz mitteilen: Ich bin ein in Paraguay geborener Deutscher und Industrieunternehmer. Nach Jahren mit Modellen –die weder in Paraguay noch in Deutschland wirklich funktionieren– bin ich müde geworden. Müde von Märkten, Standards und Regierungen, die längst aufgehört haben, die Menschenwürde zu sichern. Ich habe in Berlin Ingenieurwissenschaften studiert (1990-1995), doch dieses Wissen reichte nicht aus, um meiner Realität angemessen zu begegnen. Und heute, aus Paraguay betrachtet, sehe ich, dass es in Deutschland nicht sehr anders aussieht.

Vor etwa zehn Jahren begann ich, das infrage zu stellen, was mir 45 Jahre lang vermittelt worden war. Heute bin ich 54 und staune über das Funktionieren der Wirtschaft – und darüber, dass ich selbst mitten darin stehe: über die Unternehmen in ihr, über meine naiven Managementsitzungen oder diese Arbeitsfrühstücke mit Unternehmern, bei denen wir über die wirtschaftliche Zukunft Paraguays sprachen – immer aus denselben Positionen heraus, innerhalb einer Ökonomie, die man mit menschlicher Entwicklung verknüpft hat.
WAS HAT MICH ZU DIESER SUCHE GEFÜHRT?
Gewiss scheitern alle menschlichen Organisationen, doch dieses Phänomen hängt nicht unbedingt mit dem volkstümlichen Glauben zusammen, dass Irren menschlich sei. Fehler entstehen nicht ausschließlich deshalb –und diese Erkenntnis, mitten in so vielen sich wiederholenden produktiven Fehlleistungen– war zugleich ermutigend und herausfordernd. Ich kann Ihnen versichern: Als Wirtschaftsingenieur habe ich vieles ausprobiert, um produktive und administrative Missverständnisse zu verringern. Ebenso habe ich versucht, zu schulen, zu motivieren und innovativ zu sein. Doch sobald es den Anschein hatte, dass sich die Dinge bessern, unterliefen uns erneut Fehler. Und natürlich hieß es wieder: Irren ist menschlich.
Ehrlich gesagt konnte ich diesen Satz irgendwann nicht mehr hören. Ich sagte mir: Wenn ich dem, was in meiner Nähe nicht funktioniert, wirklich begegnen will, dann muss ich vielleicht bei mir selbst anfangen –mit einer tiefen Überprüfung der Art von Management, die mir vorgelebt wurde. Meine Überzeugungen, mein fehlendes Wissen über Führung, strategische Planung und vor allem das menschliche Verhalten, das mit diesen Modellen verbunden ist. Doch warum sollte ich das tun, wenn alle Organisationen auf diese Weise geführt werden – und es offenbar funktioniert?
Diese Frage führte mich zur nächsten, und sie war entscheidend:
Für wen funktionieren diese Formen von Management tatsächlich?
So öffnete ich die organisatorische Büchse der Pandora – und konnte sie nicht mehr schließen.
DIE MENSCHLICHEN BEZIEHUNGEN SIND PRODUKTIV
Ich gehe zum Kern: Ich begann zu erkennen, dass meine Privilegien einen wesentlichen Teil meiner produktiven Rolle ermöglicht hatten –meine Erfolge, die mit jenen Formen des Managements in der Wirtschaft und in unserem Unternehmen verbunden waren:einem seit 1954 bestehenden Industriebetrieb mit 200 Menschen, den ich geerbt habe.
Es waren gewiss meine Fähigkeiten – aber ebenso meine Stellung, mein Nachname, mein Geburtsort, meine Hautfarbe, meine Möglichkeit, Deutsch zu sprechen.All das erlaubte mir, als Unternehmer zu funktionieren.Das mag naiv klingen, war aber alles andere als unschuldig gegenüber jenen, die in meiner Nähe waren.Ich habe Schaden angerichtet, ohne es zu bemerken, geblendet von meinen guten Absichten – jenen, die die Wirtschaft stets begleiten.
Ich begann zu verstehen, welche Rolle menschliche Beziehungen in der Wirtschaft tatsächlich spielen.
Sie sind konstitutiv für die Produktion, den Verkauf, den Markt, die unerreichten Ziele, die Fehler der anderen.
Wusstest du das etwa nicht? Du hast doch in Berlin studiert. Ist Deutschland etwa kein modernes Land? Das Management versteht Beziehungen noch immer nicht als Grundlage der Arbeit – es instrumentalisiert sie lediglich, weil es keine andere Sichtweise kennt. Ich glaube, genau das ist es, was du gerade entdeckst. Du deutest an, dass wir eigentlich umgekehrt funktionieren; als soziale Wesen, die zuerst fühlen, und dass die Arbeit nur das begleitet, was das Sein jedes Einzelnen ausmacht. Das wird bestimmt deinen Kollegen nicht gefallen
Ehrlich gesagt hat vorher nie jemand mit mir darüber gesprochen –auch nicht in meinen sechs Jahren in Deutschland. Ich wusste es nicht, und es ist kaum verwunderlich: Die Unterschiede in den Formulierungen der ökonomischen Theorien sind minimal, egal in welchem Land man studiert. Es scheint nur eine (globale) Art zu geben, Wirtschaft zu denken und diese ist zur Pflicht geworden.
Dennoch wehre ich mich dagegen, denn wir können uns auch anders annähern: indem wir unsere Organisationen zuerst als das begreifen, was sie ebenfalls sind; soziale Räume, die in einem Beziehungsnetz funktionieren und niemals stillstehen. Das Büro –und darin eine Sitzung von Managern– nicht mehr als Behälter, als physischer Raum mit Stühlen, ein Ort des Austauschs von Daten und PowerPoint-Ergebnissen. Sondern als Begegnung von Menschen, die zusammenkommen, um sich wohl oder auch unwohl zu fühlen, aber darüber sprechen zu können, ohne Angst vor Vergeltung. Keine Umfragen mehr, um das Empfinden der Menschen kennenzulernen.
Stimmt, Umfragen sind heute eine gängige Methode, uns glauben zu machen, wir würden an Entscheidungen teilhaben. Doch sie stoßen auf Ablehnung, weil wir auf andere Weise mitwirken wollen; echter und mit spürbarem Einfluss auf die Entscheidungen des Unternehmens, in dem wir arbeiten.
Ich habe es genauso gemacht, Máximo. Mein heutiges Verständnis meiner Rolle hat meine Aufgaben komplexer und unbequemer werden lassen. Und zugleich eröffnet es Chancen, weil es der Organisation und ihrer Produktivität völlig neue Möglichkeiten eröffnet hat. Und genau das habe ich mein ganzes Leben lang als Ingenieur angestrebt, jedoch auf mechanische Weise: Auf jede Aktion folgt eine Reaktion.
Wie schlimm.
Ja. Der Auslöser war, meine produktiven Ideologien infrage zu stellen, und eines meiner ersten Ziele war die ISO 9001. Ein Standard, der in unserem Produktionsbetrieb seit 2006 seinen Zweck nicht erfüllte. Ich erinnere mich an die Kommentare der Berater in Zusammenhang mit den sich wiederholenden Produktionsfehlern: «Herr Eulerich, Ihre Industrie macht selbstverständlich Fehler, aber sie liegen im Durchschnitt von 0,8 % bis 1,3 %. Irren ist menschlich. Man hat mir erzählt, dass Ihnen dieser Satz nicht gefällt, aber wir lernen doch aus Fehlern. Vielleicht wäre es gut, wenn Sie eine Therapie machen – ich meine, sich von einem Psychologen begleiten zu lassen, um Ihre Ungeduld etwas zu senken.»
WIR SIND KEINE INDIVIDUEN
Meine Suche ging intensiv weiter und mit 45 Jahren kehrte ich zu etwas zurück, das mich schon immer fasziniert hatte: die menschliche Psyche und die Wissenschaften, die sie erforschen. Wie funktionieren wir Menschen im Zusammensein mit anderen und in speziell in der Arbeitswelt?
Was weiß ich über das moralische Empfinden, das der Mensch sucht und das Arbeitsplätze nicht bieten? Was weiß ich über die Verhaltensmuster, die ich selbst förderte und später wegen Unproduktivität kritisierte?
Diese und andere Fragen begannen mich zu beschäftigen..
Herr Eulerich, der Schlüssel liegt im Fragen –nicht darin, so zu antworten, wie Sie Manager es gewohnt sind.
Das führte mich erneut zu mir selbst: zu der Frage, was ich für andere eigentlich darstelle, wenn ich mit ihnen arbeite. Dabei entdeckte ich etwas völlig Neues.
Ich bin kein selbstgemachtes Individuum, sondern ein sozial konstruiertes Subjekt. Das heißt: Ich war nicht deshalb Generaldirektor eines Industriebetriebs mit 200 Beschäftigten, weil ich in einer bestimmten Weise geboren und groß geworden bin. Ich bin weder der Beste, noch habe ich mich mehr angestrengt als meine Schwestern oder Cousinen und deshalb hätte ich es verdient.
Zwar bin ich sehr früh aufgestanden und habe viele riskante Entscheidungen getroffen, doch mein Platz, mein Mut und meine Erfolge hängen mit anderen Faktoren zusammen, die ich lange nicht berücksichtigt hatte.Ich hatte sie naturalisiert, von Kindheit an verinnerlicht,als wären sie immer meine gewesen.Dieses Wissen wurde später entscheidend,um Dinge gemeinsam mit anderen zu tun –ohne Modelle, ohne Führungsfiguren.Das ist faszinierend.
Ich möchte die Faktoren mit Ihnen teilen,die meine ersten 18 Jahre erfolgreicher Führung ebenso geprägt haben –und die ich anerkennen musste, auch wenn es schmerzhaft war:
Meine soziale Herkunft.
Mein Nachname.
Mein europäisches Aussehen.
Meine Netzwerke, mein „Networking“.
Mein Ingenieurtitel.
Meine Möglichkeit, Deutsch zu sprechen.
Dass ich das einzige männliche Familienmitglied bin.
Dieser Teil des Prozesses war nicht einfach, aber er hat sich gelohnt.
MEIN ÖKONOMISCHES KAPITAL
In der Aufzählung erscheint das ökonomische Kapital nicht – und so erstaunlich es klingt, es ist nicht das Wichtigste. Wer die sieben oben genannten Punkte besitzt, kann sich beinahe selbstverständlich als alleiniger Urheber seines Erfolgs fühlen. Vielleicht entstehen so jene Erzählungen, die berichten, wie Steve Jobs, Bill Gates oder Warren Buffet angeblich bei null anfingen, ohne Kapital und in einer Garage. Diese sieben Elemente übertreffen das Geld als entscheidenden Faktor – und sie sind es, die Menschen auf sehr besondere Weise zum Erfolg führen.
Ich musste akzeptieren, dass auch ich nur dank der Anhäufung von Geschichten existiere, die mir vorausgegangen sind – verinnerlicht aus Vergangenheit und Gegenwart. Was ich fühlte, was ich über mich selbst glaubte, war ebenso das Ergebnis eines kollektiven Prozesses, entstanden aus dem, was ich mit anderen über mich selbst gelernt habe. Wirklich faszinierend.
Wie schwierig muss es sein, all das zu hören, Herr Eulerich. Ich kann mir vorstellen, wie schwer es für Sie ist, nicht mehr zu glauben, was Sie einst über sich selbst glaubten.
Wissen Sie, in der Sprache von Soziologen, Psychologen und Anthropologen gilt: Wir Menschen werden durch die Augen der anderen zu dem, was wir sind. Vieles beginnt im Elternhaus, setzt sich dann aber in vielfältigen Beziehungen fort, in sozialen Modellen, Hierarchien und Klassen, die uns prägen. Unser Denken entsteht nicht von Natur aus, sondern ist ein Möglichkeitsfeld, das durch Kultur, Bildung und die Worte eröffnet wird, die uns beigebracht werden. Später wählen wir, mit wem und wo wir sprechen. Und genau hier ist Vorsicht geboten – denn das ist ein entscheidender Punkt für uns Unternehmer: Mit wem und wo wir über die Wirtschaft sprechen.
MEINE UNBEHAGLICHKEITEN
Langsam spürte ich, wie meine Erfolgsgeschichte zu bröckeln begann; der Mythos Christian Eulerich passte nicht mehr. Ich war Teil dessen, was organisatorisch nicht funktionierte – und ebenso auf der Ebene des Landes. Man kann sich kaum vorstellen, wie unangenehm es ist, sich in den gleichen Schwächen wie alle anderen wiederzuerkennen – und zugleich, welch enormes Veränderungspotenzial darin liegt. Ich versichere Ihnen: Es ist unbeschreiblich.
Eine weitere Überraschung in diesem Prozess war die Erkenntnis, dass der Boden nicht für alle gleich eben ist. Diese Vorstellung, dass wir mit denselben Chancen geboren werden und diejenigen, die nichts haben, es nicht verdienen, sich nicht anstrengen, Trinker sind, nicht sparen können oder zu viele Kinder haben – das ist nur ein Teil der Antwort und eine trügerische Überzeugung, die in der Welt dennoch fortbesteht. Und ich kann bezeugen, dass mir diese Vorstellung in meinen geschäftlichen Beziehungen durchaus gelegen kam. Denn sie verschaffte mir Werkzeuge, um besser innerhalb jener produktiven und ökonomischen Logiken zu funktionieren, die ich kannte. Wer nämlich glaubt, selbst der Gestalter seines Schicksals zu sein, verleiht seinen Worten – und den Worten anderer – ein besonderes Gewicht. Meine Entscheidungen gaben mir die Sicherheit, dass es viele Realitäten in der Welt gibt und ich meine eigenen kontrolliere. Dieses Phänomen nennen manche naiven Relativismus. Auch das wusste ich nicht: Wir glauben naiv, dass die Realität das ist, was jeder Einzelne für sich bestimmt – als käme sie aus unserem Inneren.
Christian, kann nicht jeder seine eigene Realität erschaffen? Realität ist doch das, was ich über sie denke. Alle sozialen Netzwerke sprechen davon: dass ich mich nicht mit dem Außen beschäftigen soll, sondern mit dem, wie ich es wahrnehme – denn das sei meine Realität. Ist Coaching nicht genau dafür da – zuerst mich selbst zu verstehen und dann die anderen?
¿WAS IST DIE REALITÄT?
Es gibt nur eine Realität – dieselbe für alle. Was sich tatsächlich unterscheidet, sind die Standpunkte, von denen aus wir sie betrachten, leben, gestalten und verstehen. Vielleicht liegt genau darin die Falle des persönlichen Blicks, wie sie in Selbsthilfebüchern erscheint: zu glauben, die eigene Sicht sei die aller. Hilfe funktioniert möglicherweise besser mit anderen.
Meine Privilegien als bedeutender Industrieller ermöglichten mir zum Beispiel, eine Perspektive zu entwickeln, die sich von der meines kleineren Konkurrenten unterschied. Ich konnte die Geschäfte von einem anderen Niveau (Ort) der Realität aus betrachten – einer Realität, die für meinen Konkurrenten dieselbe blieb. Für die Rolle, die ich mir selbst als „guter Unternehmer“ zuschrieb, war das erschütternd komplex und brutal hart.
Heute versuche ich, meine Realität von den Standpunkten her zu verstehen, die andere Menschen – mit unterschiedlichen Perspektiven auf dieselbe Realität – mir eröffnen, und nicht von dem, was ich vermeintlich besser weiß als sie. Diese Einsichten haben mein Verständnis von Führung zusammenbrechen lassen. Denn meine Geschichte beruhte auf jenen sieben Elementen – nicht auf dem, was ich von anderen wusste.

¿HAT ES SICH GELOHNT?
Solche Prozesse führen in der Regel dazu, dass man Begleitung sucht, forscht und über das menschliche Verhalten lernt, denn meine Rolle war nie wieder dieselbe; sie wurde komplexer, und das, was für mich immer Fundament und Sicherheit zu sein schien, ließ mich nun zweifeln. Es geht nicht mehr darum, mich selbst zu entdecken, meinen Platz in der Welt zu verstehen, um dann die anderen zu begreifen – ganz bestimmt nicht. Vielmehr geht es darum, die Verantwortung für den Platz zu übernehmen, den ich habe, und für die Macht, die mir dadurch verliehen wird, wobei das, was früher undenkbar war, dezentriert wird. Denn man hat mir beigebracht, das Zentrum der guten Absichten zu sein – ein Anführer
DAS ATROPHIERTE MANAGEMENT
Ehrlich gesagt ist das, was wir lernen, Teil einer völlig verkümmerten Sozialwissenschaft: der Wirtschaftswissenschaften. Unsere Berufe müssen sich von dieser „Schwelle des absoluten Wissens“ lösen. Mit anderen Worten: weg von Etiketten, Modellen und Standards, die mit absoluten Wahrheiten verbunden sind. Wenn du Unternehmer bist, geht es darum, dir zu erlauben, die Aussagen deiner Theorien infrage zu stellen – unsere produktiven Tätigkeiten nun im Bewusstsein des Platzes, den die Beziehungen einnehmen, die wir hervorbringen, wenn wir den Fortschritt anderer verwalten.
Die Sozialwissenschaften eröffnen uns Möglichkeiten für tiefgreifende Veränderungen in der Art und Weise, wie wir mit dem umgehen, was in der Wirtschaft, in den Unternehmen, in unserer Bildung, in der Demokratie nicht funktioniert. Aber es ist notwendig, loszulassen. Ideologien zu wechseln ist nicht einfach – und ohne sie zu leben, ist noch schwieriger.

DREI SCHLÜSSELMOMENTE
Ich möchte drei Perioden mit euch teilen. Sie waren weder unmittelbar noch aufeinanderfolgend, aber sie waren Teil meines Prozesses. Für jede Person und für jede Organisation werden diese sehr unterschiedlich sein.
Zu verstehen, wie ich mich veränderte, bedeutete, mich in der Ausübung meiner Macht zu verorten, mir meiner Vorteile bewusst zu werden und der Beziehungen, die mich ausmachen.
Ich musste die Verantwortung für die verliehene Macht übernehmen, mir klar werden, wie ich meine Realität durch die Deutungen und Beziehungsformen, die ich in der Organisation, in der strategischen Planung, in allem, was ich tat, hervorbrachte, gestaltete. Das Entgegenkommen gegenüber meiner Rolle als Eigentümer, Leiter und Patron. Ich betone: Die Perspektive der Realität aus der Sicht der anderen ist etwas, das den Prozess erheblich verkompliziert.
Ich begann mir bewusst zu werden, dass die gemeinsame Deutung der wirtschaftlichen Realität das Gemeinwohl menschlicher macht – und dass sie direkt und materiell auf Produktivität, Rentabilität und Nachhaltigkeit unserer Vereinbarungen wirkt. Alles begann, einen menschlichen und zugleich wirtschaftlichen Sinn zu ergeben; die Menschen fühlten und begannen ganz langsam, sich als wichtiger Teil der Vereinbarungen zu sehen. Ich musste mich auch entschuldigen, die Folgen meiner früheren Führung und die meines Onkels und Großvaters anerkennen. Die Menschen begannen, eine neue Perspektive auf dieselbe organisationale Realität einzunehmen. Faszinierend, unbequem.
Diese Art von Intervention ist in erster Linie eine Herausforderung für den Eigentümer, für die Nummer eins, egal ob er die Rolle des Geschäftsführers, CEO oder eine andere innehat. Es geht darum, mühsam zu lernen, wie man sich als Teil dessen positioniert, was nicht funktioniert – und nicht mehr als Spiel der Gegensätze zwischen Angestellten und uns Eigentümern. Interessant ist, dass das, was Unternehmen so sehr suchen – die Humanisierung der Arbeit, die mentale Gesundheit – tatsächlich kommt, aber erst später, als Folge, als natürliche Dekantation und nicht umgekehrt, wie es die fertigen Modelle, die der Markt derzeit anbietet, darstellen. Zuerst entsteht der Sicherheitsrahmen, Räume des Vertrauens, um eine Reihe von Fragen sichtbar zu machen, die die Organisation schon lange stören und beeinträchtigen. Dies erfordert Jahre psychosozialer Interventionen innerhalb der Organisation.
Ich möchte uns einladen, anders über uns nachzudenken. Es gibt andere Möglichkeiten, die die derzeitigen Vorstellungen von Organisationen – ob kreisförmig, pyramidal oder rhizomatisch – herausfordern können. Wichtig ist, glaube ich, um Hilfe zu bitten und das zu suchen, was uns kein Modell bisher gegeben hat: unser Unbehagen im Organigramm.
Es lohnt sich. Irren ist definitiv nicht menschlich; menschlich sind die Angst, die Schuld, die Scham, die das System erzeugt, in dem wir operieren, während wir Wirtschaft betreiben.
Dieser Prozess ist lang, wird aber mit viel Mühe autonom, wenn man Vertrauen in die anderen setzt.
Herr Eulerich, wie kann ich wissen, woran ich glauben soll? Denn das, was du sagst, ist seltsam, und ich habe Informationen gefunden, die dem widersprechen.
Máximo, es geht nicht darum, dass ich die Wahrheit habe, sondern dass das Aktuelle, vermeintlich Gute, nicht für alle funktioniert. Das ist meine Sicht aus dem, was ich in meiner Nähe und in der Ferne wahrnehme… Vielleicht irre ich mich, vielleicht bin ich verwirrt, ich weiß es nicht.
Christian Eulerich
P.S.: Dies ist nur meine Meinung. Es gibt Themen, die in Gesprächen unsere tiefsten Lebensüberzeugungen berühren. Gerade deshalb ist es so schwierig, über Ökonomie in meinem sozioökonomischen Umfeld zu sprechen, ohne in ideologische Analysen zu verfallen. Meine Schriften sind mit dieser Schwierigkeit verbunden: das Unbequeme der Ökonomie zu benennen. Menschen zu finden, die bereit sind, diese Themen anzugehen, ist nicht einfach. Hier ein 🔗 Link, um sich zu registrieren und Benachrichtigungen über kommende Beiträge zu erhalten. Ich schätze es sehr, dass Sie gelesen haben.

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